.......
.......

Vernissage „Kunst im Technologiepark: Brunner, Kruzinna, Witte“, Technologiepark Karlsruhe, 5.5.2010 Laudatio: Maria Lucia Weigel, M. A. Kunsthistorikerin, Heidelberg Sehr geehrte Damen und Herren, der Technologiepark Karlsruhe bietet in den kommenden Wochen drei künstlerischen Positionen Raum, die konzeptuelle Verwandtschaften aufweisen, auch wenn zunächst die Unterschiede in der Erscheinung der Werke ins Auge fallen. Regine Kruzinna, Margot Witte und Thomas Brunner präsentieren jeweils Ausschnitte aus ihrem künstlerischen Schaffen. Ich habe die Freude, Ihnen heute einen Einblick in die Prozesse und Überlegungen vermitteln zu können, die zur Entstehung der hier gezeigten Werke geführt haben.......

......Margot Witte vertritt einen anderen künstlerischen Ansatz. Sie bezieht moderne Computertechnologie in den kreativen Prozeß ein. Auch sie arbeitet mit farbigen Modulen, die geometrischen Charakter haben. Die gestalterische Überlegung, die in der Serie „Diary“ zutage tritt, geht jedoch von einem autobiographischen Akt systematisierter Erinnerung aus. Die Künstlerin dokumentierte über drei Jahre hinweg jeden Tag in Gestalt einer Fotografie. Durch computergestützte Rechenprozesse wurde der Realitätsgehalt der Ausschnitte und Mehrfachkombinationen dieser Dokumente verfremdet. Die erkennbare Gestalt der fotografierten Gegenstände und Personen wurde einem fortschreitenden Vorgang der Auflösung unterworfen, indem Margot Witte die Bildmodule, die Pixel, aus denen die Bilddateien zusammengesetzt sind, ihrer Abbildfunktion enthob und abstrakten rechnerischen Prozessen unterwarf. Das Resultat sind farbige Rhythmen, die sich in einem System aus Senk- und Waagrechten dynamisch entfalten. Diese stellen sich jedoch nicht als Zufallsprodukt fremdgesteuerter Mechanismen dar, sondern unterliegen in jeder Phase ihrer Entstehung einem künstlerischen Entscheidungsprozeß. Margot Witte greift in die computergestützten Vorgänge ein, um aus den sich bildenden Strukturen eine Auswahl zu treffen und diese erneut in den Rechenprozeß einzuspeisen. Andere Strukturen werden unterdrückt und fließen nicht in die endgültige Gestalt des Werkes ein. Diese Ausrichtung technisch generierter Konstellationen folgt einem inneren Empfinden für Stimmigkeit, das Teil des ästhetischen Empfindens ist. Das auf diese Weise in komplexen Arbeitsschritten erzielte Ergebnis liegt als digitale Datei vor. Es wird auf einem Plotter ausgedruckt und nimmt erst in diesem Moment materielle Gestalt an. Hinter dem aufwendigen Herstellungsverfahren steht die Frage nach dem, was von Erinnerungen bleibt, wenn sie verarbeitet werden. Der Computer übernimmt in diesem Fall eine Funktion, die üblicherweise das menschliche Gedächtnis ausübt, das Erlebtes auswählt und in einer Form abspeichert, die nicht das Äquivalent des realen Erlebnisses darstellt. Der Schritt von der persönlichen Erinnerung hin zum Kunstwerk, das sich dem Betrachter auch ohne Kenntnis der Entstehungsgeschichte mitteilt, ist vollzogen. Die farbigen Strukturen bilden innerhalb eines Werkes Verwandtschaften aus, sie verstärken einander in Komplementärkontrasten und manifestieren sich als stetig fließende Farbenergie. Raumtiefe wird durch die Überlagerung der unterschiedlich ausgerichteten Farbcluster erschlossen; auch hier ist die physiologische Wirkung der Buntfarben in eine Ordnungsstruktur zurückgebunden, die als kompositorischer Rahmen fungiert, als Bedingung, unter der Farbe für uns erlebbar wird. Durch die Verbindung des Pigmentdrucks mit Acrylglas tritt eine weitere Dimension von Räumlichkeit hinzu. Die farbige Oberfläche rückt dadurch in eine Distanz, die zugleich Raumtiefe erzeugt und das Bild immateriell erscheinen läßt.

Druckversion | Sitemap
© 2017 MARGOT WITTE Malerei Siebdruck Fotografie